Sollen schüchterne Kinder besser erst später in den Kindergarten?

Ich glaube, diese Frage lässt sich nur sehr schwer pauschal beantworten. Einerseits sind sowohl Kindergarten als auch Schule für schüchterne Kinder oftmals anstrengender als für andere. Trotzdem ist gerade für sie die Gewöhnung an den Kontakt zu anderen Kindern schon wichtig. Zumindest dann, wenn Homeschooling nicht (ohne weiteres) möglich ist. Dass Kinder immer andere Kinder ganz unbedingt brauchen würde ich selbst so nicht unbedingt unterschreiben, aber bleiben wir in der bundesdeutschen Realität mit Schulpflicht und gehen davon aus, dass Schule anstehen wird.

Gerade Kinder, die selbst nicht nur stiller, sondern auch sensibler als andere sind, leiden oft unter dem Geräuschpegel in Kita und Schule. Eine echte ‚Abhärtung‘ oder Gewöhnung wird nach meiner Erfahrung in der Regel nicht wirklich funktionieren. Das wächst sich auch nicht aus – nicht in dem einen Jahr, das sich in Bezug auf die Einschulung vielleicht noch ‚rausschlagen‘ lässt und auch nicht in der Kindergartenzeit.

Wenn es möglich ist, dass Kinder in ‚Randzeiten‘ in den Kindergarten können, dann kann das unter Umständen so viele positive Erlebnisse bringen, dass der Krach der Kernzeit in Kauf genommen wird. Meine Tochter ging ziemlich gerne nachmittags, wenn nur ganz wenige Kinder da waren. Dann war es nicht nur insgesamt leiser, sie konnte dann mit etwas Glück auch eine ganze Praktikantin für sich allein haben, die begeistert mit ihr bastelte, malte und spielte…. kleiner Luxus. Die Vormittage verkürzten wir, indem ich sie möglichst spät brachte.

Auch das Konzept des Kindergartens kann eine große Rolle spielen. Gibt es Rückzugsmöglichkeiten, Ruhebereiche, können die Kinder dem größten Trubel ausweichen? Oder tobt im Gruppenraum durchgehend der Bär? Wie sind die Räumlichkeiten angelegt, wie das Außengelände? Wenn es Wahlmöglichkeiten zwischen unterschiedlichen Einrichtungen gibt, dann lohnt es sich darauf zu achten. Gerade lärmempfindliche Kinder können unter Umständen in Waldkindergärten sehr gut aufgehoben sein. Montessori- oder Waldorfeinrichtungen können möglicherweise besser passen als Regelkindergärten. Aber auch bei diesen gibt es gewaltige Unterschiede – in den Konzepten und vor allem darin, wie diese gelebt und umgesetzt werden.

Ein weiterer ganz wichtiger Punkt können Freunde sein. Wenn es vielleicht schon eine beste Freundin/einen besten Freund gibt, dann kann das den Einstieg ganz gewaltig erleichtern. Dann ist der Rest möglicherweise sogar nebensächlich. Zwar ändern sich in diesem Alter Freundschaften oft noch sehr schnell und sollten eigentlich nicht das einzige Kriterium sein. Eigentlich…. aber uneigentlich können sie auch erstaunlich lang Bestand wahren und tatsächlich ein ‚Rettungsanker‘ in einer nicht so günstigen Umgebung sein.

 

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